Here I am. Drowning in sorrow. Oder eher: Selbstmitleid.
Nach dem Urlaub in Schweden und dem damit verbundenen emotionalen Zusammenbruch geht es mir die letzten zwei Wochen wirklich besser. Das hing vermutlich mit zwei Dingen zusammen: ich habe andere Medikamente verschrieben bekommen. Die sind nicht stärker, wirken aber anders. Und ich bin aus der auslösenden Situation raus. Ich hatte mich damit massiv überfordert.
Seitdem habe ich die Gedankenkreise aus “Ich bin falsch”, “Alle tun mir Unrecht” und “Was ich will, kann ich nicht” viel mehr unter Kontrolle. Ein Realitätscheck, wie ich ihn früher gemacht hatte, hat in der Hochphase selbst aufgeschrieben nichts mehr gebracht. Mittlerweile kann ich das auch machen, ohne es aufzuschreiben. Geholfen hat mir bis jetzt die Vorstellung, ich würde eine*n gute*n Freund*in beraten, was er*sie in meiner Situation tun solle.
Bis jetzt.
Heute war ein entspannter Nachmittag/Abend geplant. Wir wollten Podcast aufnehmen, Sport machen und vielleicht Sex haben. Ich hab mich gestern wirklich darauf gefreut und auch heute, als sie mittags nach Hause kam, war ich sehr froh, sie zu sehen. Nachdem ich mit der Arbeit fertig war, habe ich mich zu ihr ins Bett gelegt und wir haben etwas gekuschelt.
Mir ist schon die letzten Wochen immer mal wieder eine Situation im Kopf herumgegangen, die sich vor einigen Monaten zwischen ihr und mir ereignet hatte und die ich auch schon mit einer guten Freundin besprochen hatte. Sie empfahl mir, das nochmal anzusprechen und mir meinen Erwartungen an das Gespräch vorher klar zu werden.
Wie die Situation an sich genau aussah, tut nichts zur Sache. Wichtig ist nur, dass es mir schwer fiel (und immer noch fällt), ihr zu glauben, dass sie es gut mit mir meint(e). Das machte sie traurig und auch wütend, denn sie hat in diese Beziehung viel investiert – als es mir schlecht ging, hatte sie immer Empathie gezeigt und von mir zu wenig Dankbarkeit dafür empfangen.
Mir würde es in dieser Situation wahrscheinlich genauso gehen. Ich wäre wütend, traurig und verletzt, dass mir meine Bemühungen nicht abgekauft werden. Aber diese Erkenntnis reicht nicht, um mein Gefühl zu beeinflussen; es ist, als wäre ein kleiner Wächter in mir, der alles, was für mich spricht, aus meinem Gedächtnis raus hält.
“Sie hat sich um dich gekümmert? Sie hält dich wohl eher aus, aber eigentlich hat sie da keine Lust drauf, das weißt du doch selbst!”
“Ihr verbringt gerade eine schöne Zeit? Vergiss es, das verkackst du doch eh wieder!”
“Sie schenkt ihm Aufmerksamkeit? Dann hat sie wohl keine Lust auf dich!”
Es ist unheimlich schwer und kostet dauerhaft Kraft, diesem kleinen Männchen keine Aufmerksamkeit zu schenken und ihm nicht alles zu glauben. Dass das schwer ist, darf ich anerkennen. Ich darf es auch kommunizieren – ich muss es sogar.
Aber ich kann niemandem diese Aufgabe übertragen.
Flo
Flo hat Mental Anarchy 2020 gegründet und schreibt über Polyamorie, Beziehungen und psychische Gesundheit. Er ist pansexuell, Zen-Buddhist und lebt vegan.