In der S-Bahn habe ich die erste Folge des Podcasts Nina+Tobi2 gehört. Die drei sind in einer polyamoren Beziehung – Nina ist mit beiden Tobis zusammen – und erzählen davon.
Nina erzählt auch, dass sie mit Tobi1 anfangs eine monogame, dann eine offene Beziehung hatte und sie beide deshalb andere Menschen daten. Tobi2 allerdings hat ein Problem damit, wenn Nina andere Menschen datet, weil er meint, die beiden “sollen sich auf sich konzentrieren”. Da wurde ich schon echt stutzig.
Der Hammer war aber dann, dass das für Nina ok ist. Ob sie weiterhin mit Tobi1 schlafen “darf”, weiß ich nicht, aber Tobi2 greift mit der Ansage, was sie darf und was nicht erfolgreich in die Beziehung der anderen beiden ein. Von der Kontrolle Ninas Sexualität ganz zu schweigen.
Wie würde ich reagieren? Als “hinzukommender” Partner ganz sicher nicht so, aber was ist in der aktuellen Situation? Würde ich ihre Sexualität kontrollieren wollen, wenn ich es könnte?
Leider ja. Und ich finde es scheiße. Richtig scheiße.
Ich fühle mich nicht immer schlecht, wenn die beiden Zeit verbringen. Ich fühle mich sogar meistens gut, immerhin habe ich dann auch Zeit für mich. Dass ich mir die auch nehmen könnte, wenn sie hier ist, ist eine andere Geschichte.
Aber ich fühle mich eben manchmal schlecht, wenn die beiden Sex haben. Manchmal auch neutral. Und natürlich würde ich potentiell schlechte Gefühle vermeiden wollen.
Mein Anspruch ist es aber, mich zu freuen, wenn ein Mensch, der mir etwas bedeutet, eine schöne Zeit verbringt. Und er steht hier der Realität entgegen. Ich freue mich selbst dann nicht, wenn es mir (wie im Moment) psychisch (einigermaßen) gut geht, mein Leben geregelt ist und ich insgesamt glücklich bin.
Ich hasse diese Dissonanz..
Insofern kann ich Tobi2 immer noch nicht verstehen, aber zumindest nicht mehr verurteilen. Er schafft etwas, was bei mir sehr viel länger gebraucht hat – dazu zu stehen, anders zu fühlen, als ich es gerne hätte.
Flo
Flo hat Mental Anarchy 2020 gegründet und schreibt über Polyamorie, Beziehungen und psychische Gesundheit. Er ist pansexuell, Zen-Buddhist und lebt vegan.